NAMASTE!
Im Oktober 2012 hatten wir, Brigitte Weber aus Forstinning und Birgit Böning aus Berlin, die Patenschaft für die 5-jährige Anjali und die 8-jährige Susmita in Naldum übernommen. Im Rahmen einer Trekkingreise wollten wir beide in ihren Heimatdörfern besuchen.
Am 4.11. war es dann so weit. Bepackt mit alten Schuhen, Basecaps, Kugelschreibern und Schulheften machten wir uns auf die große Reise. Am Flughafen in Kathmandu wurden wir von Bharat, seinem Sohn und Helfer Godwinn abgeholt. Heidi Becher hatte im Vorfeld freundlicherweise den Kontakt zu Bharat für uns hergestellt.
Bereits die Fahrt zu unserer Unterkunft in Thamel war ein Erlebnis. Wir fuhren durch die Rushhour, der Smok war überwältigend, selbst ein Tuch vor dem Mund half nicht viel. Die Straßen sind in einem schlimmen Zustand und jeder fährt wie er will, Fußgänger sind hier eine gefährdete Gruppe. Dank Bharat kamen wir wohlbehalten in Thamel an.
Der zweite Tag in Kathmandu stand ganz im Zeichen von Kultur. Wir gingen u.a. zur uralten Tempelanlage und Stupa „Swayambhu“. Zurück in unserer Unterkunft gingen wir früh zu Bett, denn am nächsten Tag sollte es zu unseren Patenkindern gehen und Bharat wollte uns um 7 Uhr vom Hotel abholen. Wie verabredet stand er mit seinem Sohn und Godwinn vor dem Hotel.
Per Jeep ging es auf die rund zweistündige Fahrt in die Region unserer Patenkinder in Richtung Nagarkot. Die Straßen sind vom Monsun ausgewaschen und bei einigen Strecken geht es direkt neben der Straße den Abhang hinab. Auf einer Anhöhe stiegen wir aus, von hier gab es einen phantastischen Blick auf die schneebedeckten Berge des Langtang Massivs, davor die bewirtschafteten Terrassenfelder, auf denen z.B. Hirse, Reis, Raps und Kartoffeln angebaut werden. Man sieht die Bauern bei der Feldarbeit. Alles geschieht hier ohne Maschinen.
Nach Tee und Omelett ging es dann zu Fuß weiter. Nach einer Stunde erreichten wir unsere erste Anlaufstation, Birgits Patenkind Susmita. Sie ist 8 Jahre alt und ihre Familie gehört zur Kaste der Tamang. Das Haus der Familie hat keinen Strom und gekocht wird am offenen Feuer im unteren Bereich des Hauses. Dieser Raum dient gleichzeitig zur Übernachtung für die Tiere, in diesem Fall Ziegen. In der zweiten Etage befinden sich zwei Räume, einmal für Susmita und ihren Bruder und der andere für die Eltern. Hier werden auch Lebensmittel, wie getrocknetes Fleisch und Vorräte aufbewahrt. Susmita hat sich sehr auf unseren Besuch gefreut.
Weiter ging es dann bergab zu Brigittes Patenkind Anjali. Sie ist 5 Jahre alt und verstand noch nicht so recht, um was es bei unserem Besuch ging. Sie lebt bei ihren Großeltern, der Vater ist gestorben und die Mutter weggegangen. Wenn ihre Großeltern einmal nicht mehr leben, wird sie außer ihrer Tanten und Onkel niemanden mehr haben. Anjalis Familie geht es etwas besser, sie haben Strom und kochen mit Gas.
Gastfreundschaft wird in Nepal sehr groß geschrieben. Die offizielle Begrüßung ist, dem Besuch zunächst mit rotem Pulver einen Tupfer auf die Stirn zu machen, der so genannte ‚Tika‘ als hinduistisches Segenszeichen, anschließend wird eine TagetesBlumenkette umgehängt bzw. ein kleiner Blumenstrauß übergeben. Im Laufe des Tages erhielten wir drei Tika.
Bei Anjalis Großeltern wurden wir dazu mit einem Essen überrascht. Es gab Reis mit Ei geröstet und später waren wir sehr mutig und haben einen, in der Gegend üblichen und sehr leckeren, selbstgebrannten Hirseschnaps probiert.
Dann ging es weiter bis zu einer Schule, welche vom HTC mit Hilfe von Spendengeldern aufgebaut wurde. Der Lehrer begrüßte uns sehr nett und freute sich über unseren Besuch. Voller Stolz zeigte er uns die Einrichtung. Wir haben uns die Klassenzimmer und den Kindergarten angeschaut. Die Kinder waren mächtig aufgeregt und zeigten uns stolz ihre Englischhefte, aus denen sie uns auch vorlasen.
Als wir weiterzogen erreichten wir unsere letzte Station, das Haus des HTC, die „Villa Kunterbunt“, in dem wir auch übernachteten. Am Eingang hängen Zeitungsberichte über den HTC aus der Deggendorfer Zeitung und das bayrische Wappen lädt ein, „daheim“ zu sein… In der „Villa Kunterbunt“ treffen sich Jung und Alt aus der Gegend auf einen Plausch. Es gibt auch eine ambulante Krankenstation, hier zeigte uns die Krankenpflegerin die Ausstattung und berichtete über einzelne Notfälle.
Ein Kindergarten für die 3 bis 4-jährigen ist auf der Rückseite des Hauses integriert. Bereits im Kindergarten erlernen die Kinder das Nepalesische Alphabet und kommen dann ab dem 5. Lebensjahr in die Schule. Es gibt keine Schulpflicht. Viele Eltern schicken ihre Kinder leider nicht regelmäßig in die Schule, weil sonst daheim ihre Arbeitskraft in der Landwirtschaft fehlt. Durch die Patenkinder – Projekte und die Unterstützung durch die Hilfsorganisation kann man hoffen, dass sich die Situation langsam verbessern wird. Viele Kinder müssen schon vor der Schule die Tiere im Hof versorgen und haben oft einen mehrstündigen Fußweg zur Schule zu bewältigen.
Der Abend war sehr schön. Unsere Patenkinder kamen später noch mit ihren Familien vorbei, außerdem viele andere Kinder und Bewohner aus der Gegend. Sie sangen Lieder und die Kleinen hingen wie Kletten an unserer Seite. Vor allem die Bilder in unseren Kameras interessierten sie sehr. Die Kinder lernen, wenn sie die Schule besuchen, schon recht früh Englisch und so gab es kaum Sprachbarrieren. Sehr gut hat uns gefallen, dass sie uns dann den wunderbar angelegten Orangengarten zeigten.
Wir durften die Früchte probieren und sie haben versucht, uns manche Dinge auf Nepali beizubringen. Und umgekehrt haben wir ihnen die deutschen Begriffe genannt. Omba (Zitrone), Suntala (Orange), Danjabat (Danke), Mitusa (köstlich), Fool (Blume), Lasso (=Namaste auf Tamang) haben wir und die Kinder gelernt. Wir hatten sehr viel Spaß und haben viel mit den fröhlichen Kindern aus Naldum gelacht. Zum Essen gab es: daal bhatt: (Linsen und Reis), das nepalesische Nationalgericht. Dieses Gericht sollte später noch oft unser Begleiter werden…
Nach einem tollen Sonnenaufgang und Frühstück traten wir am nächsten Morgen die Rückreise nach Kathmandu an. Noch einmal bekamen wir ein Tika und gute Wünsche zum Abschied. In Kathmandu wieder angekommen, verbrachten wir den Nachmittag Tee trinkend auf unserer Dachterrasse. Am Abend trafen wir unseren Guide und danach war nur noch etwas Zeit für das Packen unserer Rucksäcke übrig, denn am nächsten Tag sollte es für 14 Tage in die Berge gehen.
Wir hatten uns für den „Langtang-Gossainkund-Helambu Trek“ entschieden, weil wir nicht so sehr auf touristischen Pfaden wandeln wollten.
Dass unsere Entscheidung richtig war, merkten wir dann auf unserer Trekkingtour. Fast jeden Tag liefen wir für uns allein durch die bezaubernde Bergwelt von Nepal. Übernachtet wurde in Teehäusern, diese waren sehr einfach eingerichtet und verfügten nicht immer über Strom und heißes Wasser. Da die Nächte auch schon mal unter null Grad gingen, haben wir unsere Alu-Trinkflasche zur Wärmflasche umfunktioniert, auch unsere Daunenjacke kam jeden Tag zum Einsatz.
Wanderer aus aller Welt trafen sich in den Teehäusern. Die Einheimischen waren sehr gastfreundlich, mit einigen spielten wir abends Rommé. Wir staunten nicht schlecht, wie schnell sie das Spiel verstanden hatten. Als Dank für die tolle Leistung beim Tragen unserer Sachen, schenkten wir unserem Porter am letzten Tag die Rommé-Karten. Eine lustige Begegnung hatten wir mit einem Guide, der im Sommer auf der Tutzinger Hütte an der Benediktenwand, kocht. Wir versprachen, im Sommer vorbeizukommen.
Höhepunkt unseres Besuches in Nepal war, neben dem Treffen unserer Patenkinder, die Besteigung des 4773 Meter hohen Kyanjin Ri. Wir waren zwar nicht auf dem Dach der Welt, aber diesen doch schon ziemlich nahe gekommen.
Eigentlich wurde nichts recht organisiert und trotzdem hat sich alles so schön, fast von alleine, zusammengefügt. Wir hatten eine herrliche Zeit in Nepal. Unser Gepäck ist voll schöner Erinnerungen, die Zeit dort mit den Menschen hat uns sicherlich geprägt und wir wissen viele Dinge hier in der Heimat jetzt mehr zu schätzen.
Nepal ist unheimlich farbenfroh – die bunten Saris der Frauen, Blumenketten als Opfergaben vor Tempeln, am Straßenrand feilgebotenes Obst und Gemüse, trocknende Chilischoten und nicht zu vergessen die allgegenwärtigen bunten Gebetsfähnchen sind ein wahrer Augenschmaus.
Alle Pateneltern wollen wir mit diesem Bericht ermutigen, selbst nach Nepal zu reisen und ihr Patenkind zu besuchen. Es ist nicht so exotisch dort, wie man erst denkt und wenn man bereit ist, für einige Zeit auf europäischen Überfluss zu verzichten, wird man eine unvergesslich schöne Zeit in Nepal erleben.
Die Herzlichkeit der Menschen und die atemberaubende Natur werden uns immer in Erinnerung bleiben.
Danjabat!
Brigitte und Birgit