Vor ca. einem Jahr entschied sich Alexander, eine Patenschaft über die Hilfsorganisation „Help The Children“ mit einem nepalesischen Patenkind einzugehen. Da wir beide wanderlustige und naturverbundene Persönlichkeiten sind, eignete sich das Land Nepal sehr gut als Reiseziel. Vorab kontaktierten wir die Sekretärin von „HTC“, Heidi Becher, um uns über die Möglichkeit eines Treffens mit dem Patenkind zu informieren. Heidi benannte uns den Kontaktmann in Nepal, Bharat Krishna Rana, welcher ein Treffen vor Ort organisieren sollte. Alexander setzte sich per Email mit Bharat in Verbindung.
Wir hatten drei Wochen Zeit Nepal zu bereisen. Da wir noch nie in diesem Land waren, mussten wir uns natürlich erst einmal über das Land informieren. Nachdem wir einige Stunden durch den Reiseführer blätterten, standen auf unserem Stichpunktzettel – Patenkind besuchen – Trekkingtour gehen – Kultur kennenlernen. Zu Beginn wünschten wir uns „Sabin Bhujel“, den sieben-jährigen Patenjungen von Alex zu besuchen. Deswegen fragten wir Bharat, ob es möglich wäre, dass er uns vom Flughafen in Kathmandu abholen könnte und eventuell die erste Nacht bei ihm schlafen lässt. Bharat stimmte unserem Vorhaben zu, was eine Riesensache für uns beide war.
Am 29.09.2018 war es dann endlich soweit – wir flogen nach Nepal. Unsere Reise von Deutschland über Istanbul nach Kathmandu erstreckte sich über ca. zehn Stunden. Nachdem wir in Kathmandu angekommen waren, gingen wir aus dem Flughafen zum Vorplatz. Dort sahen wir Bharat auf uns warten. Er trug ein Schild, auf dem unsere Namen standen. Es war ein sehr herzlicher Empfang. Er führte uns zu seinem Jeep und brachte uns zu seinem Haus, welches westlich am Rand von Kathmandu liegt. Dort wartete bereits seine Ehefrau auf uns. Auch sie empfing uns mit einem herzlichen „Namaste“. Wir bekamen ein eigenes Zimmer mit Bad, indem wir für eine Nacht wohnen würden.
Nachdem wir uns ein wenig ausgeruht hatten, führte uns Bharat zum sogenannten Affentempel „Svayambhunath“. Von dort aus hatte man einen großartigen Ausblick über Kathmandu. Nachdem wir diesen ausgiebig besichtigten, fuhren wir zurück zu Bharats Haus. Dort endete der Tag für uns mit einem traditionellen „Dal Bhat“.
Am nächsten Tag packten wir unsere Rücksäcke und fuhren zu dem Haus von Bharats Tochter Salina. Sie wohnt am östlichen Rand Kathmandus. Von dort aus fuhren wir dann zum Patenkind von Alex. Der Verkehr an diesem Tag war schrecklich, weswegen wir für ein bis zwei Stunden im Stau standen. Aufgrund dieses Zeitverlusts entschied Bharat, dass wir erst zum Haus der Familie fahren und anschließend in die Schule von Sabin. In Nepal beginnt die Schule nämlich um 10 Uhr, deswegen war er schon im Unterricht.
Die Familie lebt in einem kleinen Haus, welches sie sich mit einer anderen Familie teilt. Würde man das Haus mit europäischen Verhältnissen vergleichen, könnte man sagen, es ist eine große Garage mit zwei Räumen. Sabins Familie lebt zu viert in einem Raum. Dieser ist sowohl Schlafzimmer, Kinderzimmer als auch Küche. Unvorstellbar in unserer beschaulichen Welt. Dennoch war der Empfang der Familie sehr herzlich. Man spürte förmlich das Glück, dass sie durch Alex‘ Hilfe fühlen. Ihre Dankbarkeit zollten uns Sabins Eltern, indem sie uns ein Tikka auf die Stirn malten und einen traditionellen Schal um den Hals legten. Trotz ihrer armen Verhältnisse gaben uns die Eltern selbstgemachten Joghurt und Tee. Die Atmosphäre in diesem Raum war wirklich einzigartig. Ein überwältigendes Ereignis, durch und durch.
Nachdem wir den Tee ausgetrunken haben, machten wir uns auf zu Sabins Schule. Dorthin legten wir einen zehn Minütigen Spaziergang durch Reisfelder zurück. Wir warteten im Schulhof auf Sabin, denn er befand sich noch im Unterricht. Nach einigen Minuten bog der kleine Mann ums Eck. Er wirkte sehr aufgeregt und schüchtern. Auch unsere Aufregung war sehr groß.
Alex überreichte Sabin ein persönliches Geschenk, damit er sich in Zukunft an das Treffen erinnern kann. Sein Patenkind zu sehen und die Umstände in denen es lebt, war sehr beeindruckend. Es war ein sehr besonderes Erlebnis für uns beide.
Bharat organisierte den Tag so gut, dass wir die Möglichkeit hatten, das Patenkind von Alex Mutter „Sanjita“ zu sehen. Hierfür mussten wir einen holprigen Weg in die Berge zurücklegen. Denn dort befindet sich ein Treffpunkt der Organisation „HTC“. Dieser wurde gebaut, um ein Treffen mit Patenkindern zu ermöglichen, die etwas weiter weg auf Dörfern leben.
Zunächst zeigte uns Bharat den Ort, wodurch wir einen guten Einblick in das Leben der Landleute bekamen. Sie wohnen in einfachen Wellblech- oder Lehmhütten. Jeder hat sein eigenes Vieh vor der Türe und ein paar Meter weiter sein Reisfeld. Obwohl das Leben dort sehr einfach und schwer ist, wirken die Bewohner des Dorfes glücklich.
Nachdem wir den Ort erkundet haben, kehrten wir zum HTC-Haus zurück. Wir saßen beisammen und tranken Tee. Unerwartet stand plötzlich ein junges Mädchen vor uns, welches sich als Sanjita Dhakal vorstellte. Wie angewurzelt starrten wir dem hübschen Mädchen ins Gesicht. Auch Sanjita stand die Aufregung ins Gesicht geschrieben. Jedoch brach das Eis, nachdem wir ein paar Sätze auf Englisch wechselten. Sie sagte, dass sie vier Stunden zu Fuß unterwegs war, nur damit wir sie treffen konnten. Für Sanjita hatten wir ebenso ein persönliches Geschenk von Alex‘ Mutter dabei. Die Patenschaft von Sanjita und der Mutter besteht seit ungefähr sechs Jahren. Sanjita verabschiedete sich dann wieder von uns, da sie noch einen weiten Weg vor sich haben würde.
Der Tag war für uns sehr ereignisreich und emotional. Die Welt dieser Kinder in Wirklichkeit zu sehen, lässt ein ganz besonderes Gefühl in einem aufkommen. Wir sind sehr froh, dass Bharat und HTC uns diese Treffen ermöglichten.
Wir verbrachten eine Nacht im HTC-Haus, denn der Rückweg würde zu lange dauern um diesen noch an den Tag zu hängen. Erholt fuhren wir zurück nach Kathmandu. Dort lud uns Bharat für weitere zwei Nächte zu sich ein.
Unsere weitere Reise führte uns über eine Trekkingtour im Annapurna-Gebiet, nach Pokhara, zum Chitwan Nationalpark und zum Geburtsort von Buddha – Lumbini. Da wir noch ein wenig Zeit hatten, entschieden wir uns die letzten drei Tage mit Bharat und seiner Familie in Kathmandu zu verbringen. Die Gastfreundschaft, die uns durch Bharats Familie entgegengebracht wurde, war wirklich etwas Besonderes. In unserer gesamten Zeit mit Bharat erkannten wir die Leidenschaft, die er in seiner Arbeit findet.
Wir danken Bharat, Heidi Becher und allen anderen die mitgewirkt haben, dass sie uns diese Erlebnisse während unserer Reise ermöglichten.
Namaste!
Bianca Laggerbauer und Alexander Pless